Gerd Lüpke (20.Jh.)
Inhalt:
Gerd Lüpke: Zum 80. Geburtstag
In "Missingsch" lässt es sich gut lästern
Der Vareler Schriftsteller Gerd Lüpke feiert morgen seinen 80. Geburtstag / Letztes Jahr erschien sein 50. Buch
-ch- Varel. "Wenn de Minsch öller ward, ward he ja licht bäten matschig." So macht sich einer über seine fortgeschrittenen Jahre lustig, bei dem von Matschigkeit keine Rede sein kann. Bis in die deutsche Ausgabe des "Who is who" muss man es nämlich erst einmal bringen. Der Vareler Schriftsteller und Journalist Gerd Lüpke, der am morgigen Freitag, dem 19. Mai, das "nicht mehr ganz jugendliche Alter von 80 Jahren" erreicht, begeistert immer noch Leser und Publikum gleichermaßen.
Ein amüsiertes Lächeln trägt der Mann, der seit über 20 Jahren als "Käppen Möhlenbeck" im Hörfunk eine Institution ist, sowohl im Gesicht als auch in der markigen Stimme. Dabei hat Gerd Lüpke seinen Berufswunsch Matrose wegen eines Sehfehlers nie verwirklichen können. Der gebürtige Stettiner, aufgewachsen im Mecklenburgischen, musste eine Lehre absolvieren, aber "wenigstens zum Reedereikaufmann". Auf große Fahrt ist er gleichwohl ein Leben lang gegangen: als Schriftsteller, als Femseh- und Hörfunkjournalist, Sprachforscher und Globetrotter.
Letztes Jahr ist sein 50. Buch, "Mien schönsten Vertellen" (Verlag Michael Jung), erschienen. Im kauzigen Möhlenbeck erschöpft sich Lüpkes Medienpräsenz bei weitem nicht. An die 100 Fernseh- und tausende Hörfunksendungen hat er gestaltet. Seine Beiträge für die Sendung "Hör mal'n beten to" sind Klassiker. Wenn ihn heute der Moderator in Schwerin als "uns Gerd" ankündigt, "dann könnte ich losheulen." Zu DDR-Zeiten war ihm lange der Weg nach Mecklenburg versperrt. Für Gerd Lüpke, den die Liebe zu Ehefrau Irmgard schon 1940 nach Varel verschlagen hatte, wurde die Grenze erst 1973 mit den Ost-Verträgen durchlässig.
Ein Schlüssel zu Lüpkes Werk ist das "Missingsch". Darunter versteht man, was ein Plattdeutscher produziert, wenn er etwas ungelenk mit hochdeutschen Vokabeln hantiert. "Dabei kann herauskommen: ich geh' denn mal um den Pudding umzu", erklärt Lüpke die Sprache, die auch sein Möhlenbeck spricht. Im verunglückten Hochdeutsch lässt es sich vorzüglich lästern, und das kommt Lüpkes Hang zur Satire sehr entgegen. Aus dem wahren Leben schöpft er alltägliche Begebenheiten, die ihm auch buchstäblich im Schlaf einfallen.
Seine Arbeit hat Gerd Lüpke weit herum gebracht. "Die Welt und die Halbwelt" habe er dabei kennengelernt. Mit dabei war meistens seine Frau Irmgard - selbst Schriftstellerin, wichtigste Kritikerin, Regisseurin seiner Hörfunkbeiträge und mit ihrem Seebären "mmer in den Flitterjahren". Mit ihr teilt Lüpke die Liebe zur japanischen Naturlyrik (Haiku) und zur mystische Lyrik des pakistanischen Landes Sindh. Seine literaturwissenschaftliche Forschung über die Geschichte der Sindhi-Poesie umfasst fünf Bände, seine Sonette sind große Kunst. Da wundert es nicht, dass der Vareler vielfach ausgezeichnet worden ist. Er ist Ritter des Ordens von Oranje-Nassau (durch Königin Juliane), wurde mit der Goldenen Verdienst-Medaille (Dänemark), der Goldmedaille der Akademischen Gesellschaft des pakistanischen Landes Sindh, der Friesland-Medaille sowie mit etlichen Kultur- und Literaturpreisen geehrt.
Im niederländischen Fischerort Harlingen, einem Dorf am Wattenmeer, bezieht das Paar für mehrere Monate im Jahr ein eigenes Fischerhäuschen. Gerd Lüpke liebt Holland, und das beruht auf Gegenseitigkeit. Zu Weihnachten hat er seine erste Geschichte in der Landessprache veröffentlicht, die er fließend spricht. Der Kaptain hat auch sonst noch Eisen im Feuer, hauptsächlich Bücher, deren Veröffentlichung kurz bevorsteht. Gästen der Region ist sein kulturgeschichtliches Werk über Varel, "Stadt im Seewind", besonders zu empfehlen. Darin präsentiert er Varel-Gedichte aus 250 Jahren als Spiegel künstlerischer und gesellschaftlicher Strömungen. Eine dieser Strömungen ist Gerd Lüpke selbst
Gerd Lüpke hat im letzten Jahr sein 50. Buch veröffentlicht. Morgen wird er 80 Jahre alt. Foto: Lange
Aus: Jeversches Wochenblatt, Donnerstag, den 18. Mai 2000 / Nr.115, S.9