Aus meiner Bibliothek
Klaus-Dieter Kreplin

Werner von Schulmann:
a) Hinterpommersche Bauernlisten aus dem 17. Jahrhundert.
Goslar o.J. (1942)(Quellen zur bäuerlichen Hof- und Sippenforschung Band 36)
b) Einwohnerverzeichnisse nach den Steuererhebungen von 1655 und 1666
Köln-Graz 1966 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Pommern
Reihe IV: Quellen zur pommerschen Geschichte, Heft 7)

Einleitung/Einführung
 
Der folgenden Text entspricht der Einleitung/Einführung zu diesen Werken. Ist der Inhalt ähnlich, so wird der neueren Form der Vorzug gegeben. In den Fällen, wo die Inhalte von einander abweichen bzw. die ältere Form Ergänzungen bzw. Formulierungen enthält, die für den Genealogen von Interesse sind, wurden diese mit aufgenommen und entsprechend gekennzeichnet ((a) bzw. (b); alphabetische Fußnoten stammen aus (a)). Es ist anzumerken, daß einige Formulierungen aus dem Zeitgeist des Schreibens (1942 bzw. 1966) heraus gesehen werden müssen.

Inhalt:
  • Einführung
  • Zweck und Entstehung der Listen
  • Bemerkungen zu den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen in Pommern im 17. Jahrhundert
  • Namensformen
  • Historischer Hintergrund

  • Einführung

    Die vorliegende Quellenpublikation über Hinterpommern bringt in verarbeiteter Form Angaben aus zwei verschiedenen handschriftlichen Materialsammlungen aus den Jahren 1655 und 1666. In erster Linie dürften die Angaben für die familiengeschichtliche Forschung von Interesse sein, um so mehr, als sie in vielen Fällen zeitlich an die Kirchenbücher - die selten über das Jahr 1650 hinaus zurück reichen - anschließen. Darüber hinaus dürften die Angaben in mancher Hinsicht für die pommersche Wirtschafts- und Sozialforschung von Nutzen sein. Es handelt sich bei dem hier veröffentlichten Material im wesentlichen um die namentliche Aufzählung der Gutsbesitzer und der auf den Gütern angesessenen Landbevölkerung. Der zeitlich geringe Abstand, in dem die beiden Listen entstanden sind, ließ es zweckmäßig erscheinen, beide gemeinsam zu bearbeiten.

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    Zweck und Entstehung der Listen

    Während des Dreißigjährigen Krieges war der letzte Pommernherzog Bogislav XIV. gestorben, und so gelangten nach dem Friedensschluß Vorpommern und einige Gebiete rechts der Oder an die schwedische Krone, während Hinterpommern dem Kurfürsten von Brandenburg zugesprochen wurde. Auf dem ersten hinterpommerschen Landtag nach der Vereinigung mit Brandenburg, der vom Juli 1653 bis zum Juli 1654 tagte, hatte die Ritterschaft unter anderem auch die wichtige Frage der Steuerregelung zu behandeln. Die letzte Matrikel, nach der die Steuern bis dahin erhoben worden waren, stammte aus dem Jahre 1628.a Dazwischen aber lagen die langen Jahre des Krieges mit ihren Verwüstungen, Zerstörungen und Besitzveränderungen, so daß eine gerechte Neuverteilung der Steuerlasten notwendig geworden war. Der Landtag beschloß deshalb, daß bestimmte Personen aus allen Distrikten und Städten in Kolberg, dem Sitz der neuen Landesregierung, zusammentreten sollten, um die Matrikel von 1628 neu zu bearbeiten. Sofern diese Kommission getagt haben sollte, so scheint sie jedenfalls die Aufgabe nicht bewältigt zu haben. jedenfalls verfügte der neue Landesherr - Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg - in einem Schreiben vom 14. April 1655 an die Landvögte, Städte usw., jeder Gutsbesitzer solle bis zum 30. Mai alle seine steuerbaren Besitzungen selbst schriftlich angeben. Diesen daraufhin eingegangenen Aufstellungen der einzelnen Gutsbesitzer verdanken wir die eine Liste, die von 16551, in der jeder den früheren und den damaligen Zustand seiner Besitzungen verzeichnet hat.

    a) Gedruckt bei Robert Klempin und Gustav Kratz, Matrikeln und Verzeichnisse der pommerschen Ritterschaft, Berlin 1863, S. 216 ff.
    1) Stettiner Staatsarchiv, Rep. 4 Pars I Tit. 97 Nr. 218a, 3 Bde (Signatur vor 1945).
    Trotzdem wollten aber die Klagen über ungerechte oder zu hohe Besteuerung im Lande nicht aufhören, so daß sich die Hinterpommersche Regierung (Statthalter, Kanzler und Räte) schließlich gezwungen sah, nachdem der erste Versuch mit den Gutsbesitzern nicht den gewünschten Erfolg gebracht hatte, sich mit einem Rundschreiben vom 15. März 1666 an die Geistlichen des Landes zu wenden. Diese waren einerseits mit den Verhältnissen in ihrem Kirchspiel gut vertraut, wurden aber andererseits persönlich durch die Umfrage nicht betroffen. Das Rundschreiben wurde an alle Pröpste gesandt, die ihre Kirchspielpfarrer verpflichten sollten, genaue Beschreibungen über den früheren und den damaligen Zustand ihrer Kirchspiele, über Grundbesitzer, über Bauern und Kossäten einzusenden.

    Aus diesen Berichten der Pfarrer nun ist die Liste von 1666 entstanden,2 die hier mit der von 1655 ineinandergearbeitet worden ist. Um eine leichtere Anknüpfung an die Kirchenbücher zu ermöglichen, sind die nachfolgenden Angaben nach Propsteien (oder Synoden) und innerhalb derselben nach Kirchspielen geordnet worden. Allerdings ist hier die Kirchspielseinrichtung des 17. Jahrhunderts beibehalten worden, die aber von der in jüngster Zeit nicht wesentlich verschieden war, um den historischen Rahmen der Listen möglichst getreu beizubehalten.

    2) Preußisches Geheimes Staatsarchiv in Berlin-Dahlem, Rep. 30 Nr. 83b (Signatur vor 1945). (a) Selbstverständlich sind für die Beurteilung des vorliegenden Materials keine modernen Maßstäbe anzulegen. Zwar gab es schon im 17. Jahrhundert eine Bürokratie, die sich bemühte, genau und gewissenhaft zu arbeiten, aber wir treffen in der Aktenbehandlung immer noch oft mittelalterlich anmutende Sorglosigkeit, - wie denn überhaupt das Zeitalter des Barock Fortschrittliches und altertümliches in eigenartigem Nebeneinander bestehen ließ. Man kannte damals keine vorgeschriebenen Formulare oder Fragebogen, wie man sie heute bei Rundfragen verwenden würde; man forderte nur ganz allgemein die Abgabe gewisser Erklärungen, wobei die Art und Weise der Beantwortung dem Einzelnen anheimgestellt blieb. Dadurch erklärt sich auch - im Guten und Schlechten - die verschiedenartige Form der Einsendungen, was besonders in der Liste von 1655 zutage tritt. Während der eine Gutsherr ausführlich den Zustand seiner Besitzungen schildert, die Namen der Bauern, die Beschaffenheit des Bodens usw. angibt, begnügt sich der andere mit einer kurzen Aufzählung seiner Güter oder Besitzanteile oder fügt die Anzahl der steuerbaren Hufen ohne weitere Erläuterungen hinzu. Mancher Eingabe sieht man es dazu deutlich an, daß ihr Verfasser besser den Degen als die Feder zu führen wußte. Die Namen der einzelnen Bauern verdanken wir also nur der Gewissenhaftigkeit und Mitteilsamkeit einzelner Einsender, die über das von der Behörde Geforderte hinausgehen.

    Die Aufstellung der Pfarrer von 1666 ist in gewisser Weise vollständiger, wenn sie auch die gleiche Verschiedenheit in den Angaben aufweist, denn, wenn ein Pastor die Namen der einzelnen Bauern aufzählte, so tat er das natürlich für sein ganzes Kirchspiel, während der Gutsbesitzer nur das mitteilte, was mit seinem Besitzanteil im Zusammenhang stand. Die Liste von 1655 bringt also nur einen Ausschnitt aus der Zahl der Besitzer und Bewohner eines Dorfes, während die zweite Liste den Gesamtbestand der Bewohner des Dorfes aufführt, wenn nicht ausdrücklich anders vermerkt.3

    (b) Was die Vollständigkeit der Angaben angeht, so sind sie sehr unterschiedlich in Form und Inhalt. Das erklärt sich einmal durch die damals gebräuchliche Art der verwaltungsmäßigen Arbeitsweise, in der sich noch mittelalterlich anmutende Züge in eigenartigem Nebeneinander mit Ansätzen moderner bürokratischer Systematik finden. Dazu kommt, daß damals fast jedes Gut in mehrere Besitzanteile zerfiel, verschiedenen Mitgliedern des gleichen Geschlechts oder auch verschiedenen Familien zugehörig. So beziehen sich die Angaben der Gutsbesitzer von 1655 jeweils nur auf die eigenen Besitzanteile, während die Angaben der Pfarrer gewöhnlich vollständig für das jeweilige Kirchspiel vorliegen.3

    Schließlich ist noch auf wesentliche Unterschiede in der Abfassung der Eingaben hinzuweisen. Während der eine Einsender neben den gewünschten Angaben auch den Zustand seiner Besitzungen und ihrer Bewohner ausführlich schildert und auf die Schäden aus der Kriegszeit eingeht, begnügt sich der andere mit knappen Angaben über die vorhandenen Höfe und die steuerbaren Hufen. Vor allem gilt das hier Gesagte für das Material von 1655. Die Aufstellungen der Pfarrer von 1666 sind in gewisser Weise vollständiger, wenn sie in der Art der Abfassung auch große Unterschiede aufweisen. Immerhin beziehen sich die Angaben der Pfarrer wenigstens auf das ganze Kirchspiel, während der Gutsbesitzer nur das mitteilte, was mit seinem Besitzanteil in Zusammenhang stand. Es ist also zu berücksichtigen, daß die Angaben von 1655 sich nur auf einen Ausschnitt aus der Zahl der Besitzer und Bewohner eines Dorfes beziehen, während die Angaben von 1666 alle Bewohner eines Dorfes berücksichtigen, wenn nicht ausdrücklich anders vermerkt.
    ----a/b

    3) Zu bemerken ist, daß die Kreise Schivelbein u. Dramburg nicht in den Listen mit enthalten sind, da sie erst 1815 an Pommern kamen. Die Kreise Lauenburg und Bütow waren den pommerschen Herzögen von Polen als Lehen übergeben worden und fielen 1637 an die polnische Krone zurück. Allerdings empfing sie 1657 der Große Kurfürst im Bromberger Vertrage ebenfalls von Polen zu Lehen, wobei sie aber eine eigene Verwaltungseinheit bildeten und erst 1777 in aller Form mit Hinterpommem vereinigt wurden.
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    Bemerkungen zu den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen in Pommern im 17. Jahrhundert

    Zu jener Zeit bildeten die Landbewohner den größten Anteil an der Gesamtbevölkerung Pommerns. Von einer größeren Bedeutung namentlich der hinterpommerschen Städte - vergleichbar etwa mit den großen westdeutschen Städten - konnte keine Rede sein. Sie waren im wesentlichen der Markt des umliegenden Landes und ihre Bewohner waren meistenteils Ackerbürger, die neben ihrem Gewerbe ein Stück Land auf der ausgedehnten Stadtflur ihr eigen nannten.

    Die ländliche Bevölkerung umfaßte einerseits die Grundbesitzer als Eigentümer des Bodens, andererseits die Bauern, Halbbauern und Kossäten als Bearbeitet des Bodens ohne eigenen Besitz. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal bestand in der persönlichen Freiheit oder Unfreiheit, was nicht unbedingt mit Herr und Knecht zusammenfallen mußte. Es gab zu allen Zeiten, auch in denen der strengsten Untertänigkeit, neben den Grundbesitzern eine nicht unerhebliche Zahl von persönlich freien Landbewohnern. Der Bauer allerdings, der sein Land vom Gutsherrn nur zu erblicher Nutzung hatte, war im Laufe der Zeit schollenpflichtig und unfrei geworden und mußte dem Gutsherrn Dienste und Abgaben leisten. Die freien Leute auf dem Lande gehörten meist entweder einer handwerklichen Oberschicht an, wie Müller, Krüger, Schmiede, oder der freizügigen, landlosen Landarbeiterschicht. Einen Sonderfall bildeten die Dorfschulzen, die nicht selten persönlich frei waren (Freischulzen). So einschneidend aber die Frage der persönlichen Freiheit auch gewesen sein mag, so bestimmte sie doch sicherlich nicht entscheidend die soziale Stellung. Ein unfreier Bauer, der seine 2-3 Hufen unter dem Pfluge hatte, war gewiß nicht geringer angesehen, als ein freier Handwerker oder ein landloser Tagelöhner.

    Die sozialen Verhältnisse jener Zeit waren noch durch mittelalterlich lehnsrechtliche Bindungen gekennzeichnet. Der adlige Grundbesitzer hatte sein Land nach der damaligen Rechtsauffassung nur leihweise - zu Lehen - erhalten, mochte der Besitz auch schon seit Generationen sich in der Familie weitervererbt haben. Das grundsätzliche Eigentumsrecht des Landesherrn am Grund und Boden kam darin zum Ausdruck, daß jeder Edelmann bei Antritt seiner ererbten Güter um erneute Belehnung durch den Fürsten nachsuchen mußte, - ebenso auch bei jedem Regierungswechsel. Das Verfügungsrecht des Adels über seine Güter war deshalb auch begrenzt: Veräußerungen konnten grundsätzlich nur in der Form von Verpfändungen mit landesherrlicher Zustimmung vorgenommen werden. Einzig durch einen Lehnsverzicht des Verkäufers und durch Neubelehnung des Käufers mit den neuerworbenen Gütern durch den Fürsten konnte ein dauernder Besitzwechsel stattfinden. Als Ausgleich für das fürstliche Obereigentum am Grund und Boden konnte der Landesherr das sogenannte Ritterland nicht einziehen, z. B. beim Aussterben einer Lehnsfamilie, sondern mußte es von neuem zu Lehen ausgeben. Der Vorteil dieses Systems lag in der engen Verbundenheit zwischen den Landesherrn und ihren Lehnsfolgern und in der Stetigkeit der Besitzverhältnisse. Diese angestammte Ordnung wurde erst allmählich dadurch geändert, daß seit dem 18. Jahrhundert die Lehngüter nach und nach allodifiziert wurden, - d. h. der Landesherr verzichtete auf seine Lehnsgerechtigkeit, die Güter wurden erbliches Eigentum der Besitzer, die es beliebig veräußern durften.

    Das Ritterland war grundsätzlich steuerfrei. Dafür hatte der Adlige dem landesherrlichen Lehnsaufgebot Folge zu leisten. Er war also zu ständiger Kriegsdienstbereitschaft verpflichtet und mußte auf eigene Kosten auch vollausgerüstete Knechte stellen. Mit dem Aufkommen größerer Söldnerheere und modernerer Kriegsführung verlor das Lehnsaufgebot im Laufe des 17. Jahrhunderts seine Bedeutung. Damit hatte auch der Adel als Stand seine ursprüngliche Bedeutung verloren, - der Soldatendienst wurde ein Beruf der freien Wahl.

    Die Veränderung des sozialen Standortes des Adels brachte es auch mit sich, daß aus dem ritterlichen Lehnsmann allmählich ein Landwirt wurde, der anfing, seine Güter nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu verwalten. Neue, bessere Wirtschaftsmethoden setzten sich durch, man versuchte die Erträge zu steigern und über den eigenen Bedarf hinaus zu produzieren, um landwirtschaftliche Erzeugnisse verkaufen zu können. Der große Getreidebedarf der kriegführenden Heere hatte gezeigt, daß sich eine Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion durchaus lohnte. Eine solche Produktionssteigerung war aber bei der damals üblichen extensiven Bewirtschaftung der Güter vornehmlich durch Vergrößerung der landwirtschaftlichen Anbaufläche zu erreichen. Die Gelegenheit hierzu bot sich in den zahllosen im Dreißigjährigen Kriege wüst gewordenen Bauernhöfen, die oft nicht mehr besetzt werden konnten und die nun dem Hofsland angegliedert oder zu größeren Ackerwerken zusammengelegt wurden. Daneben kam aber auch schon das "Bauernlegen", das im 18. Jahrhundert seine größte Bedeutung erlangte, gelegentlich vor, d. h. der Gutsherr nahm bewirtschaftetes Bauernland zum Hofsland dazu und setzte den Bauern auf Neuland an, wo er sich erst durch mühsame Urbarmachung des Bodens eine neue Wirtschaft aufbauen konnte.

    Was die rechtliche Lage des Bauern anlangte, so besaß er seinen Hof nicht als Eigentum, sondern er hatte ihn vom Gutsherrn zur erblichen Nutzung. Die ganze Steuerlast im Lande ruhte fast ausschließlich auf der bäuerlichen Bevölkerung, die sie in Form von Diensten, Abgaben, Pächten, Hebungen usw. an den Gutsherrn zu entrichten hatte. Als Gegenleistung dafür hatte der Bauer seinen Hof in Bewirtschaftung und genoß beim Gutsherrn Schutz und Rückhalt. Für die den Bauern auferlegten Lasten gab es keine festen Vorschriften. Maßgebend war die Bauernordnung von 1616,b in der es hieß, der Gutsherr sei der unbeschränkte Eigentümer von Grund und Boden, deswegen dürfe sich der Bauer nicht widersetzen, wenn ihm sein Hof genommen würde. Der Bauer sei leibeigen und müsse dem Herrn jährlich eine geringe Pacht von seinem Lande zahlen, habe aber ungemessene Frondienste, zu leisten, d. h. die Höhe der Dienste wurde vom Grundherrn festgesetzt. Tatsächlich hatte sich natürlich eine mehr oder weniger feste Regelung der Abgaben und Dienste allmählich ausgebildet, die der Leistungsfähigkeit der Bauern entsprach. So mußte ein Vollbauer, der meist 2 Hakenhufen Land bewirtschaftete,4 an 3-4 Tagen in der Woche mit 4 Pferden auf dem Ritterland arbeiten. In der Bestell- und Erntezeit waren die Dienstleistungen häufig noch höher, wobei der Gespanndienst gegenüber dem einfachen Fußdienst doppelt zählte. Immer wieder kam es vor, daß der Bauer in der Lage war, seine Hofsdienste mit Geld abzulösen, wobei er von 2 Hakenhufen 20 Reichstaler bezahlen mußte. Schließlich kamen noch die Abgaben für die Kirche hinzu, die in Naturallieferungen bestanden und auch vom Ritterland geliefert werden mußten.

      b) Gedruckt bei Johann Carl Dähnert, Sammlung Pommerscher und Rügischer Lehns-Urkunden, 3. Bans, Stralsund 1769, S. 823 ff.
      4) In Hinterpommern wurde hauptsächlich nach Hakenhufen gerechnet; 2 Hakenhufen waren gleich 1 Landhufe und entsprechen 30 Morgen.
    Trotz der angeführten bäuerlichen Lasten darf man sich die Lage des Bauern damals nicht allzu drückend vorstellen und sie nach den Verhältnissen des 18. Jahrhunderts beurteilen.

    (a) , denn schon der Umstand, daß die Ablösung der Dienste der Bauern an den Grundherren durch Geld immer wieder erwähnt wird, zeigt, daß es auch für die Bauern möglich gewesen sein muß, sich über den notwendigen Lebensunterhalt hinaus etwas zu erwerben. Erst die letzten hundert Jahr etwa vor der Bauernbefreiung führten zu einer wesentlichen Verschlechterung der sozialen Lage der Bauern. Der Grundherr, der häufig Offizier oder Hofbeamter war und seinen Besitz nicht selbst verwaltete, verlor den Zusammenhang mit seinen Bauern und begann, um die Kosten seiner erhöhten Lebensansprüche auswärts decken zu können, auch höhere Einkünfte aus seinen Gütern herauszupressen. Zu der hier in Frage kommenden Zeit aber war der Adlige noch von einer für heutige Begriffe geradezu unglaublichen Bescheidenheit in seinen Lebensansprüchen. ... Oft wohnte der Gutsherr selbst nur in einem Bauernhaus, wenn der Rittersitz im Kriege in Flammen aufgegangen war. Aus derzeitigen Inventarverzeichnissen und Erbschaftsberichten erhalten wir ein lebendiges Bild vom Elend und der Armut jener Zeit. Oft bestand die ganze Hinterlassenschaft eines Grundbesitzers nur aus den notwendigsten Möbelstücken, einigen Sätteln, Pistolen, Perrücken und dem, was er auf dem Leibe trug. Somit war die Armut im Lande ganz allgemein, sie betraf hoch und niedrig in gleicher Weise. Gewiß mögen die zahlreichen Verluste an Arbeitskräften im Kriege vielfach zu einer erhöhten Arbeitsforderung seitens der Grundbesitzer geführt haben, im allgemeinen aber war damals noch das Gefühl der Zusammengehörigkeit von Grundherr und Knecht so lebendig, daß manche überstrenge Regelung gemildert werden mochte. Oft genug berichten die Grundherrn in ihren Eingaben von ihren durch den Krieg ruinierten Bauern, die nicht imstande seien, ihren Verpflichtungen nachzukommen, so daß sie ihnen nicht nur die Abgaben erlassen, sondern auch für sie die Kontribution bezahlen und das Korn zur notwendigen Aussaat vorstrecken müßten.

    (b) Das wirtschaftliche Elend war in der Zeit nach dem Dreißigjährigen Kriege ganz allgemein und betraf hoch und niedrig in gleicher Weise. Die Ansprüche in der Lebenshaltung waren von größter Bescheidenheit. Oft wohnte der Gutsherr selbst nur in einem Bauernhaus, wenn der Rittersitz im Kriege in Flammen aufgegangen war. Aus zeitgenössischen Inventarverzeichnissen und Erbschaftsberichten erhalten wir ein lebendiges Bild vom Elend und der Armut jener Zeit. Gewiß mögen die zahlreichen Verluste an Arbeitskräften im Kriege vielfach zu erhöhten Arbeitsforderungen seitens der Gutsbesitzer geführt haben, - im allgemeinen war aber damals doch das Gefühl der Zusammengehörigkeit von Gutsherr und Bauer noch so lebendig, daß manche überstrenge Regelung gemildert werden mochte. Oft genug berichten die Gutsherrn in ihren Eingaben von ihren durch den Krieg ruinierten Bauern, die nicht imstande seien, ihren Verpflichtungen nachzukommen, so daß sie ihnen nicht nur die Abgaben erlassen, sondern auch für sie die Kontribution bezahlt und das Korn zur notwendigen Aussaat vorgestreckt hätten. Erst die letzten hundert Jahre etwa vor der Bauernbefreiung führten zu einer wesentlichen Verschlechterung der sozialen Lage der Bauern. Der Gutsherr, der häufig Offizier oder Hofbeamter war, suchte die allgemein gestiegenen Ansprüche durch erhöhte Einkünfte aus den Gütern zu befriedigen.
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    Namensformen

    Das mit den Listen vorgelegte Material bietet auch hinsichtlich der Namensformen einige interessante Rückschlüsse. Für die Nachnamen war in ganz Ostdeutschland die Bezeichnung nach den Ortschaften der näheren und weiteren Umgebung der Namensträger besonders häufig und typisch. Daneben fällt auf, wie oft unter der bäuerlichen Bevölkerung die Namen bekannter pommerscher Adelsfamilien vorkommen, wie Schwerin, Mildenitz, Massow, Mandufel (Manteuffel), Brüsewitz, Eichstedt, Brederlow, Knuth, Suckow, Trampe, Grape usw. Ein Grund für diese Erscheinung läßt sich nicht angeben, denn eine Benennung nach der eigenen Gutsherrschaft, was man annehmen könnte, läßt sich nur selten nachweisen. Weiter finden sich natürlich häufig mit einem Gewerbe zusammenhängende Zunamen, wie Müller, Schulze, Krüger usw. Schließlich läßt sich aus den Listen auch noch entnehmen, daß die gleiche Sippe meist nur in nahe voneinander gelegenen Ortschaften vorkommt, - auch ein Zeichen der geringen Freizügigkeit der bäuerlichen Bevölkerung.

    Das heimatliche Platt - damals und bis in die jüngste Vergangenheit die allgemeine Mundart in Pommern - zeigt sich besonders deutlich in den niederdeutschen Formen der Vornamen. Diese sind zwar meist biblischen oder kirchlichen Ursprungs, aber in ihrer mundartlichen Anwendung durchaus als deutsch empfunden. Einige Beipiele mögen folgen: Chim, Achim, Jochim für Joachim; Jürgen, Jorges, Görges, Jörg, Girg usw. für Georg; Michel für Michael; Casten, Carsten für Christian; Henning für Heinrich; Bahn, Orban für Urban; Merten, Marten für Martin; Tews, Tewes, Debs, Matz für Matthäus; Mattis, Thias, Thies, Tives für Matthias; Andres, Dres, Dries, Drews für Andreas; Dinnies für Dionysius; Bartel für Bartholomäus; Niclas für Nikolaus usw.

    Beim Adel liegen die Verhältnisse etwas anders, - da kommen neben den niederdeutschen auch häufig slavische Vornamen vor. Ebenso wie sich im pommerschen Herzogshaus die Vornamen Wartislaw und Bogislaw durch die Jahrhunderte erhalten haben, gab es auch in einer Reihe pommerscher Adelsfamilien alte slavische Vornamen, die, aus den Anfängen des Geschlechts stammend, in der Familienüberlieferung lebendig geblieben waren.

    Besonders aber die deutschen Namensformen der bäuerlichen Bevölkerung in den Listen ist kein slavischer Vorname zu finden - zeugen von dem rein deutschen Charakter des Landes und beweisen, daß auch keine Erinnerung mehr an die Slavenzeit vorhanden war.

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    Historischer Hintergrund

    Die Zeit, in der das vorliegende Material entstanden ist, gehört zu den schwersten Abschnitten der deutschen Geschichte. Ein dreißig Jahre währender Krieg hatte unendlich viele Menschenopfer gefordert und ganze Landstriche in Schutt und Asche gelegt. Auch Hnterpommern war von all dem nicht verschont geblieben: zunächst war es 1637 der schwedische Feldherr Johan Banér, danach der kaiserliche Feldherr Joachim Ernst v. Krockow (1643), ein gebürtiger Pommer, die das Land plündernd und brennend durchzogen hatten. Die Erinnerung an diese Ereignisse erscheint in den Berichten immer wieder als die "Bannersche Erruption" oder der "Krockowsche Ruin". Die Spur der Kriegszüge war durch rauchende Dörfer und zerstörte Höfe gekennzeichnet, - Hunger und Krankheiten traten hinzu. Alles Elend jener Zeit spricht anschaulich aus dem Bericht des Pastors zu Hansfelde, der in seiner Eingabe schrieb:

    "Vor dem Kriegesweßen sein zwarst die leute in ihrem Stande vndt bei ihrer nahrung zu befinden, jedoch arme vnd reiche Junge vnd alte bei meinem andencken gewesen. Durch die Schwierige Keiserliche Einquartierung gäntzlich erschöpftet vnd da auff die Keiserliche die Königliche Schwedische ihr folgte Ao 1637 das dorff nebenst der pfar mit allen pertinentien (Zubehörungen) in die 42 Zimmer (Häuser) in die asche, wodurch heußer vnd höffe sampt allen mobilien am 3. pfingsttage in die Kretze. NB das fewer ist auskommen durchs wachtfewer der Soldaten am Schönenbergischen Ende, vnd also mitt dem winde von Schönenbergk kommende nichts einzuhalten müglich gewest, umb so viel mehr, weil eine gantze Squadron ihre quartier im dorffe, die leute wegen harter preßur wegk gelauffen, das kaum 6 Einwohner zukegen denen es vnmüglidi zu retten gewesen, wiewol ihrer 3 von den selbiegen hinwieder auffzubauwen einen anfang gemacht, jedoch was nicht mars (der Krieg) verhindert, das hatt mors (der Tod) Anno 38 gar rein wegkgenommen, das weder priester noch Kirchen Vorsteher geschweige Küster noch Schulmeister, vnd also von dießer volckreichen gemeine nicht mehr den 3 bauwren vndt 1 Cossatt übrig, jedoch aber in der Banniersdwn zeit das dorff mitt dem Rücken ansehen (fliehen), hauß vnd hoff stehen, in der Statt sich auffhalten, vnd alles den raubvögeln preiß geben müssen, also gar, das alhie einen solchen Zustand gedencke gleich Jerusalern, das es gesetzlich fast zerstörett, vnd in dreien Jahren weder gesäet noch gemähett, weder geklungen noch gesungen, die Kirchen zerstörst, die Gottes Kasten ausgeplündert tagk vnd nacht angelweit offen gestanden, darinnen an stath menschen Katzen vnd hunde wie auch wölffe ihr losier." Schließlich erschütterte auch noch 1657 der Schwedisch-Polnische Erbfolgekrieg das Land, wenn auch in geringeren Maße. Wieder drangen - diesmal polnische - Scharen plündernd und sengend in Hinterpommern ein. Diese Umstände führten dazu, daß ein Teil der Überlebenden in den besonders betroffenen Gebieten es versuchte, über die polnische Grenze zu entkommen. Ein Gutsbesitzer schreibt in seiner Eingabe: "Eß liegen auch diese guther an der Polnischen gräntze, vnd muß man die Pauren gleichsahm alß ein roheß Ey halten, wo man nicht will, daß sie über die gräntze lauffen vnd die Katen stehen laßen sollen." Und doch, welch unverwüstliche Lebenskraft steckte trotz aller bitteren Erlebnisse in der Bevölkerung. Noch war kaum ein halbes Menschenalter seit der Beendigung des großen Krieges vergangen, und schon regte sich überall wieder neues Leben: wüste Höfe wurden zu Ackerwerken zusammengelegt und verpachtet, neue Siedler ins Land gezogen und auf den verödeten Höfen angesetzt. Für Neusiedler galten besondere Bestimmungen, - einige Jahre Abgaben- und Steuerfreiheit, Bereitstellung von Bauholz und Saatgetreide erleichterten den Anfang. Alle Hände waren dabei, die Spuren des Krieges zu verwischen. An diesem Wiederaufbau hatten Gutsherr und Bauer in gleicher Weise Anteil. Besonders günstig waren die Bedingungen für die Dörfer in der Umgebung von Städten, die leichter und ohne große Transporte ihre Produkte auf dem nahen Markte verkaufen konnten. Auf jeden Fall kamen Handel und Wandel allmählich wieder in Gang und schon begann sich hier und da wieder ein bescheidener Wohlstand auszubreiten.
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                        © Klaus-Dieter Kreplin, Am Südhang 14, D-58313 Herdecke 2001